Digital Gender Gap

Autor*innen: Christa Markom, Jelena Tošić, Magdalena Steger
Tags:  DigitalisierungDigitale KompetenzDigitale KluftDigitale AlterskluftDigital Queer GapDigitale Inklusion

Der Digital Gender Gap (DGG) oder auch Digital Gender Divide genannt, bezeichnet den Unterschied zwischen Männern und Frauen in Hinblick auf die Möglichkeiten der Nutzung von digitalen Medien. Dieser fängt bei den unterschiedlichen Zugangsmöglichkeiten zum Internet an und geht bis zu unterschiedlichen Nutzungsarten des Internets und Smartphones sowie dem generellen Besitz von einem Handy, bis hin zu den daraus resultierenden Nachteilen im beruflichen Leben (vgl. IGI-Global). Quantitativ gesehen ist der DGG der Unterschied zwischen dem Anteil der männlichen und weiblichen Internetnutzer*innen im Verhältnis zu dem Anteil der männlichen Internetnutzer*innen. Dieser Wert wird in Prozent angegeben (Sorgener et al., 2018). Vor allem in den letzten beiden Jahren ist durch die Covid-19 Pandemie die Differenz bei der Nutzung des Internet noch ausgeprägter geworden.

Das zeigt sich dadurch, dass sich wieder Lücken zwischen den Geschlechtern auftun, die sich bereits geschlossen hatte (Global Gender Gap Report, 2021) Der Gender Gap bezieht sich auf die Ungleichheit zwischen Frauen und Männern in allen Lebensbereichen. Der Global Gender Gap Report verwendet für die Feststellung des Gender Gaps folgende Bereiche:

  • Möglichkeit der wirtschaftliche Teilhabe
  • Bildungsniveau
  • Gesundheit
  • Politische Teilhabe

(Global Gender Gap Report, 2021, S. 5)

Spricht man von dem Digital Gender Gap wird meist von der Kluft in der Nutzung von digitalen Technologien zwischen Frauen und Männern ausgegangen. Das zeigt sich auch in verschiedenen Artikeln und Berichten, in denen von dem Unterschied zwischen Frauen und Männern die Rede ist, wie zum Beispiel in dem UN-Bericht über den DGG bei Frauen in Afrika oder dem Global Gender Gap Report. Was hier fehlt ist eine nicht-binäre Geschlechterdefinition.1

Die Zuordnung eines Geschlechts bei der Geburt eines Kindes beruht auf einem dominanten Geschlechterregime, dass sich sehr stark an Heteronormativität orientiert und nur langsam von der Dichotomie Frau-Mann abweicht. In diesem Kontext spielen soziale Medien wie YouTube Kanäle, Instagram oder TikTok eine große Rolle für junge Menschen, in denen sich über dieses Thema ausgetauscht werden kann. (Lüth, 2021) Nähere Informationen dazu finden sich auch in dem Text Digital Queer Gap.

Generell wird Frauen der Zugang zum Internet erschwert und sind in diesem Sinne benachteiligt. Statistiken und Zahlen zeigen, dass vor allem in Ländern des globalen Südens und Ländern, in welchen die Infrastruktur noch nicht gut ausgebaut ist und Frauen aus vielen gesellschaftlichen Bereichen ausgeschlossen und stark diskriminiert werden. Zirka die Hälfe der menschlichen Bevölkerung – 3,7 Milliarden Menschen, 47% – hat keinen Zugang zum Internet. Die Hälfte davon sind Frauen, das bedeutet ungefähr ein Viertel der Weltbevölkerung wird im Hinblick auf den Internetzugang benachteiligt (UN Women, 2021). In Zahlen gesprochen bedeutet das, dass Männer im Durchschnitt zu 21% mehr die Möglichkeit haben das Internet zu nutzen (Hingle, 2021). Gründe für diesen massiven Unterschied sind Folgende:

  • Frauen fühlen sich im Internet nicht sicher, weil es häufiger zu Belästigungen kommt
  • die Infrastruktur verunmöglicht den Internetzugang
  • in den Schulen wird Mädchen und Frauen digitales Wissen unzureichend beigebracht, da dieses eher dem männlichen Teil der Bevölkerung zugeschrieben wird
  • Frauen können sich digitale Technologien oft nicht leisten (USAID, 2021).

Im Nutzungsverhalten findet man ebenfalls Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Laut Fallows (2005) benutzen FRauen das (mobile) Internet häufiger für E-Mail-Verkehr, um sich Wege und Karten anzuschauen, um Gesundheitsinformationen zu erhalten, aber auch für persönliche Probleme, wohingegen Männer sich über die Nachrichten oder das Wetter informieren, Informationen in den Bereichen Sport, Politik oder Finanzen holen, Job-Tätigkeiten online durchführen oder um Musik zu hören und downzuloaden. Zusammengefasst bedeutet dies, dass Frauen eher für praktische Tätigkeiten und Aufgaben online gehen und Männer eher für Unterhaltung online sind (Fallows, 2005). Ebenso in der digitalen Kommunikation verhalten sich Mann und Frau unterschiedlich. Männer nehmen häufiger an online Diskussionen teil, wohin gegen sich Frauen diesbezüglich eher zurückhalten. Ein Grund hierfür ist die oben genannte mangelnde Sicherheit im Netz (EIGE). Frauen nutzen die Online-Kommunikation hauptsächlich, um den Kontakt mit Freund*innen und Familie zu halten, Männer interagieren mit unterschiedlichen Gruppen online (Fallows, 2005).

Der unterschiedliche Zugang zu dem Internet kann auch geographisch bedingt sein. Der kleinste Digital Gender Gap lässt sich in Amerika mit nur 2% finden (Chisiza, 2017). Europa liegt knapp dahinter mit 3% (Sarpong, 2021) und Afrika hat den weltweit größten DGG mit 23% (Chisiza, 2017). Wenn man sich die Zahlen der Internetnutzung international nach Geschlechtern aufgeteilt, ansieht, findet man also große Unterschiede. In Nord-Amerika ist der Unterschied fast nicht spürbar, hier haben sowohl 90% der Männer als auch der Frauen Zugang zum Internet und sind online vertreten. In Latein-Amerika hingegen haben nur 60% der Frauen und 65% der Männer Internetzugang. Asien lässt sich in Süd-Asien mit 18% der Frauen und 38% der Männer, in Zentral-Asien mit 55% der Frauen und 65% der Männer, in Süd-Ost-Asien mit 60% der Frauen und 70% der Männer und schlussendlich in Ost-Asien mit 83% der Frauen und 85% der Männer, welche Zugang zu Internet und die Möglichkeit haben online sein zu können, unterteilen (Hingle, 2021). Australien hat ein eigenes System und einen eigenen Index, den Australian Digite Inclusion Index (ADII), entwickelt, um immer am neuesten Stand ihrer digitalen Entwicklung zu bleiben. Je höher dieser Index ist, desto besser ist die digitale Inklusion. Im Jahr 2019 war der ADII auf 61,9 Punkten. Auch hier gibt es Zahlen, die den Unterschied zwischen Frauen und Männer innerhalb der digitalen Welt veranschaulichen. Im Durchschnitt haben Frauen einen ADII von 1,8 Punkte unter dem der Männern. In Bezug auf den Zugang zum Internet haben Männer einen ADII von 88,2 Punkten und Frauen von 87,7 Punkten. Zumeist ist der ADII bei Männern bei 62,8 Punkten und der der Frauen bei 61,0 Punkten (Thomas et al., 2019).

Wie bereits erwähnt, hat auch die derzeitige Covid-19 Pandemie die Unterschiede zwischen den Geschlechtern verstärkt. Durch die Pandemie musste viel online geschehen und viele Bereiche, unter anderem Jobs, Bildung und soziales Leben wurden auf Distance Learning oder Home-Office umgestellt. Dies wird vor allem durch digitale Technologien und Internetnutzung umgesetzt, um auch über (Landes-)Grenzen hinaus miteinander in Kontakt bleiben zu können. Da Frauen jedoch weniger Zugang zu Internet haben und oft auch nicht die Möglichkeit haben, sich Zugang zu leisten oder anderweitig zu verschaffen, haben sie innerhalb der häufig Diskriminierung erlebt. Das soziale Leben, behördliche und medizinische Informationen und Beratung werden online zur Verfügung gestellt, wodurch Frauen oft von ihrer Familie abhängig sind, um die neusten Errungenschaften der Forschung und Informationen der Regierungen verfolgen zu können (Aggarwal, 2020; USAID; Nefresh-Clarke et al., 2020). Ein weiteres Thema, welches seit dem Beginn der Pandemie an Bedeutung gewonnen hat, sind Fälle häuslicher Gewalt. Dies kann beide Geschlechter betreffen, jedoch stellt es für Frauen ein weitaus größeres Problem dar. Obwohl es mittlerweile dutzende Internetprobleme und Hotlines gibt, um häusliche Gewalt zu melden haben Frauen, die weder die digitale Kompetenz noch den Internetzugang haben, keine oder eine verringerte Möglichkeit sich Hilfe zu holen (Nefresh-Clarke et al., 2020).

Wie erwähnt hat der Digital Gender Gap auch im beruflichen Bereich Konsequenzen für jene, denen der Zugang zum Internet erschwert oder verboten wird. Mehr als 90% der Jobs weltweit erwarten digitale Kompetenzen von ihren Mitarbeiter*innen, welche Frauen aufgrund ihrer häufig nicht-vorhandenen Ausbildung nicht vorweisen können (vgl. Plan International). Frauen und Mädchen sind deswegen in ihren beruflichen Möglichkeiten eingeschränkt, wodurch sich immer größere Barrieren im Berufsleben bilden (UNICEF).

Es gibt viele verschiedene Ansätze, mit welchen der Digital Gender Gap verringert werden könnte. In einem Punkt sind sich die meisten einig, und zwar, dass der erste Schritt für eine Verbesserung schon in den Schulen gemacht werden sollte. Die Schulen sind vielerorts die ersten Stationen, durch welche Kinder und Jugendliche beider Geschlechter gleiche Chancen auf das Lernen von digitalem Wissen haben.2

(Plan International; OECD, 2018; Sorgener et al., 2018; BMBWF). Zusätzlich wird gefordert, dass der Zugang zum Internet jedem Menschen, unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Alter, Religion, sexuelle Identität und soziokulturellem Hintergrund gleichermaßen erlaubt und ermöglich wird. Sowohl die Infrastruktur als auch die Leistbarkeit von Internet und jeglichen digitalen Technologien sollte verbessert werden (Davaki, 2018; OECD, 2018). Ein weiterer wichtiger Punkt betrifft die Sicherheit im Netz. Es sollte unter allen Umständen geändert werden, dass Mädchen und Frauen Angst haben müssen online zu sein, weil sie das Ziel von Beschimpfungen werden könnten. Hier wird beispielsweise empfohlen mehr zu forschen und die Daten zu analysieren, um somit herausfinden zu können, was verbessert werden muss. Jedoch sollen die Daten auch beide Geschlechter miteinbeziehen und zu beiden erhoben werden (Davaki, 2018; Sorgener et al., 2018). Der vierte und hier letzte Punkt sind Stereotype. Es bestehen verschiedene sozio-kulturelle Barrieren und dazugehörige Stereotype, welche es Frauen und Mädchen schwierig macht sich mehr mit Technik und dem Digitalen auseinanderzusetzen. Es gilt als wichtiges Ziel, beiden Geschlechtern zu ermöglichen, sich mit digitalen Technologien auseinanderzusetzen und auch in diesen Bereichen arbeiten zu können (Davaki, 2018; Sorgener et al., 2018).

Literatur:

Aggarwal, A. (2020): How COVID-19 fuels the digital gender divide. Von https://asia.fes.de/news/digital-gender-divide  abgerufen.

Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung (2021). Förderung von Frauen im MINT-Bereich. Von https://www.bmbwf.gv.at/Themen/HS-Uni/Gleichstellung-und-Diversit%C3%A4t/Policy-und-Ma%C3%9Fnahmen/F%C3%B6rderung-von-Frauen-im-MINT-Bereich.html abgerufen.

Chisiza, M. (2017). No woman left behind: The gender digital divide. Von https://saiia.org.za/research/no-woman-left-behind-the-gender-digital-divide/ abgerufen.

Davaki, K. (2018). The underlying causes of the digital gender gap and possible solutions for enhanced digital inclusion of women and girls. Von https://www.europarl.europa.eu/RegData/etudes/STUD/2018/604940/IPOL_STU(2018)604940_EN.pdf abgerufen

EIGE: European Institute for Gender Equality (2021). Gender equality and youth: the opportunities and risks of digitalization. Von file:///C:/Users/Admin/Downloads/Gender%20equality%20and%20youth.%20the%20opportunities%20and%20risks%20of%20digitalisation%20(2).pdf aberufen

Fallows, D. (2005). How Women and Men Use the Internet. Von  https://www.pewresearch.org/internet/2005/12/28/how-women-and-men-use-the-internet/#:~:text=Younger%20women%20are%20more%20likely,21%25%20of%20women%20that%20age abgerufen

Hingle, A. (2021). What is The Digital Divide? Mozilla Explains. Von https://foundation.mozilla.org/en/blog/what-is-the-digital-divide-mozilla-explains/?gclid=Cj0KCQjww4OMBhCUARIsAILndv7Q4Knbf5a4wbbJ_xa5J4uAST4aEZrKt9DUvz5Qgc2AouIHJQUV5n4aAhr4EALw_wcB abgerufen.

IGI-Global (2021). What is Gender Digital Divide. Von https://www.igi-global.com/dictionary/a-human-rights-based-approach-to-bridge-gender-digital-divide/11919 abgerufen.

Lüth, Nanna (2021). Nicht-binäre Coming-Out-Berichte: Das Internet als Braver Space oder: Geschlechtliche Zuschreibungen überflüssig machen. In: Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung, S. 281-300.

Nefresh, C., Orser, B. & Thomas, M. (2020). COVID-19 Response Strategies, Addressing Digital Gender Divides. Von https://www.g20-insights.org/policy_briefs/covid-19-response-strategies-addressing-digital-gender-divides/ abgerufen

OECD (2018). Bridging the Digital Gender Divide. Include. Upskill, Innovate. Von https://www.oecd.org/digital/bridging-the-digital-gender-divide.pdf abgerufen.
Plan International (2021). Bridging the Gender Digital Divide. Von https://plan-international.org/education/bridging-the-digital-divide abgerufen am 3.12. 2021.

Sarpong, E. (2021). The Digital divide in Europe Towards meaningful connectivity. Von https://www.itu.int/en/ITU-D/Regional Presence/Europe/Documents/Events/2021/Meaningful%20Connectivity/01_Sarpong.pdf abgerufen.

Sorgner, A., Mayne, G., Mariscal, J. & Aneja, U. (2018). Bridging the Gender Digital Gap. Von https://www.g20-insights.org/policy_briefs/bridging-the-gender-digital-gap/ abgerufen.

Thomas, J., Barraket, J., Wilson, CK., Rennie, E., Ewing, S. & MacDonald, T. (2019). Measuring Australia’s Digital Divide: The Australian Digital Inclusion Index 2019. Von https://www.csi.edu.au/media/2019_ADII_Report.pdf abgerufen.

UN-Women (2021). Addressing the digital gender divide in Africa through the African Girls Can Code Initiative. Von https://www.unwomen.org/en/news/stories/2021/10/feature-addressing-the-digital-gender-divide-in-africa abgerufen.

UNICEF (2021). What we know about the gender digital divide for girls: A literature review. Von

https://www.unicef.org/eap/media/8311/file/What%20we%20know%20about%20the%20gender%20digital%20divide%20for%20girls:%20A%20literature%20review.pdf abgerufen.

USAID (2021). USAID Digital Strategy. Von https://www.usaid.gov/sites/default/files/documents/15396/COVID-19_and_Gender_Digital_Divide.pdf abgerufen.

World Econcomic Forum (2021). Global Gender Gap Report. Genf/Köln: World Economic Forum.

1 Nach Lüth ist nicht-binär „…eine Selbstbezeichnung von Personen, die sich außerhalb der binären Geschlechterordnung verorten, die also weder (nur) weiblich, noch (nur) männlich sind“ (Lüth, 2021, S. 281)
2 Hilfreich ist hier den Unterricht in den MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) zu fördern