Digital Queer Gap

Autor*innen: Christa Markom, Jelena Tošić, Magdalena Steger
Tags: Digitalisierung, Digitale Kompetenz, Digitale Kluft, Digitale Alterskluft, Digital Gender Gap, Digitale Inklusion

Der Digital Queer Gap (DQG) ist eine Unterform des Digital Gender Gap und bezieht sich auf die Unterschiede und Ungleichheiten im Zugang zu und der Nutzung von digitalen Technologien im Kontext von Ungerechtigkeiten, mit welchen Mitglieder der LGBTIQ+-Gemeinschaft konfrontiert sind (DiGiacomo, 2021). Der entscheidende Unterschied zum Digital Gender Gap ist nämlich, dass sich der Digital Queer Gap nicht nur auf die Unterschiede zwischen Männern und Frauen bezieht, sondern die gesamte LGBTIQ+ Gemeinschaft berücksichtigt.

LGBTIQ+ ist ein Akronym für die verschiedensten Sexualitäten und Geschlechtsidentitäten. Die einzelnen Buchstaben stehen für Folgendes: L steht für Lesbian (Frauen, die sich zu Frauen hingezogen fühlen), G steht für Gay (Männer, die sich zu Männern hingezogen fühlen), B steht für Bisexual (keine Präferenz für ein bestimmtes Geschlecht), T steht für Transgender (die Geschlechtsidentität unterscheidet sich von der bei der Geburt festgelegten und etablierten), I steht für Intersexual (Menschen, die körperliche Geschlechtsmerkmale haben, die nicht ausschließlich männlich oder weiblich sind) und Q steht für Queer (ein Sammelbegriff für Menschen, die nicht cisgender sind, d. h. für Menschen, bei denen das subjektive Geschlecht mit dem biologischen Geschlecht übereinstimmt, oder heterosexuell) oder Questioning (ein Begriff für Menschen, die sich ihrer Sexualität und Identität nicht sicher sind). Das Plus steht für alle weiteren Sexualitäten und Identitäten (Cherry, 2020).

Vor allem ältere LGBTIQ+ Personen haben Probleme, sich digitale Technologien und das damit verbundene Internet zu leisten. Vor allem ein geringes Einkommen und eine niedrige Rente können sie daran hindern, die vielen Möglichkeiten zu nutzen, über digitale Medien mit Gleichgesinnten in Kontakt zu treten. Mittlerweile gibt es viele Unternehmen und Organisationen, die den Zugang zur digitalen Welt für Menschen aus der LGBTIQ+-Community verbessern und damit den Digital Queer Gap reduzieren wollen. Eine dieser Organisationen ist SAGE (DiGiacomo, 2021). SAGE ist eine, in New York ansässige Organisation, deren Ziel es ist, älteren LGBTIQ+ Menschen bezüglich der digitalen Welt zu helfen. SAGE bietet Dienstleistungen und Programme an, durch die LGBTIQ+ Personen Unterstützung suchen können, um besser mit digitalen Medien umgehen zu können und diese aktiv zu nutzen (SAGE, 2022). Ein weiteres Programm ist das Cyber-Center der Bohnett Foundation. Dieses Programm hat rund 60 Standorte in verschiedenen Städten und an Universitäten. Hier können sich Studierende und junge Erwachsene über LGBTIQ+ informieren, etwas über das Thema lernen und auch mit anderen Menschen darüber sprechen. Dies ist vor allem für Menschen wichtig, die sich zu Hause unwohl fühlen und Angst haben, „entdeckt” zu werden, weil sie sich nicht geoutet haben oder nicht outen wollen (DiGiacomo, 2021).

Das Internet hat eine wichtige Rolle bei der Entwicklung von LGBTIQ+-Gemeinschaften gespielt. Es ist ein Instrument, das dabei helfen kann, Menschen miteinander zu verbinden, Netzwerke aufzubauen, ihnen beizutreten und Informationen und Wissen über LGBTIQ+-Themen sowie über Gesundheit und Politik zu erwerben. Darüber hinaus ist es vor allem in den letzten Jahren zu einer wichtigen Waffe im politischen Aktivismus geworden, um Forderungen auszudrücken, zu verbreiten und zu stärken (Edri, 2019).

Allerdings sind LGBTIQ+-Mitglieder auch online oft mit Herausforderungen konfrontiert. So ist es zum Beispiel schwierig nicht nur Informationen über LGBTIQ+ relevante Themen im Netz zu finden und zu platzieren. Darüber hinaus ist es oft schwierig, die eigene Sexualität sowie Gender-Identität online auszudrücken, wie auch andere zu ermutigen, für sich selbst einzustehen. Es gibt viele Standards und Richtlinien in den sozialen Medien, die diese Aktivitäten einschränken oder verbieten. Außerdem werden Beiträge, in denen LGBTIQ+ Menschen unterstützt werden, oft gemeldet und anschließend gelöscht, während homophobe, sexistische und transphobe Beiträge online bleiben. Der Algorithmus ist häufig für diese Ungerechtigkeit verantwortlich, da er nicht angemessen zwischen positiven und negativen Beiträgen unterscheiden kann und daher oft LGBTIQ+-Mitglieder ausschließt. Für Transgender-Personen hat sich vor allem in den letzten Jahren ein weiteres Problem herauskristallisiert: Bei der Registrierung in sozialen Netzwerken wird häufig der richtige Name verlangt. Dieser wird anhand von Dokumenten verifiziert, die man hochladen muss. Solange Transgender-Menschen ihren Namen und ihr Geschlecht nicht offiziell geändert haben, müssen sie ihren Geburtsnamen angeben, mit dem sie sich nicht mehr identifizieren. Geben sie jedoch ihre neue Identität an, werden die Konten nach kurzer Zeit gesperrt und sie verlieren jede Möglichkeit, mit neuen Bekannten in Kontakt zu treten. Ein weiteres Problem besteht darin, dass es immer häufiger vorkommt, dass Menschen ein gefälschtes Profil erstellen, um damit Menschen mit einer bestimmten sexuellen Identität aufzuspüren. Dies war zum Beispiel in Ägypten der Fall, wo Menschen mit einer, nicht der Norm entsprechenden Sexualität, aufgespürt und anschließend gefoltert und ermordet wurden. Um dies zu verhindern, gibt es spezielle Apps und Websites, die nur für LGBTIQ+ Menschen entwickelt wurden. Es gibt auch Forderungen der LGBTIQ+-Gemeinschaft, bei der Erstellung von Apps und damit verbundenen Maßnahmen einbezogen zu werden (Edri, 2019).

Ein weiteres Beispiel für die Diskriminierung der LGBTIQ+-Gemeinschaft, insbesondere queerer Männer, findet sich in Indien. In Indien, einem ehemaligen britischen Kolonialgebiet, gilt nach wie vor das britische Kolonialstrafgesetzbuch, das besagt, dass alle als unnatürlich definierten sexuellen Handlungen verboten sind und mit lebenslanger Haft bestraft werden können (Kolmannskog, 2018; Dasgupta, 2017).

 

Literatur:

Cherry, K. (2020). What Does LGBTQ+ Mean? Von https://www.verywellmind.com/what-does-lgbtq-mean-5069804  abgerufen.

Dasgupta, R. K. (2017). Digital Queer Cultures in India. New York: Routledge.

EDRI (2019). The digital rights of LGBTQ+ people: When technology reinforces societal oppressions. Von https://edri.org/our-work/the-digital-rights-lgbtq-technology-reinforces-societal-oppressions/ abgerufen

Kolmannskog, V. (2018). Love in Law – The Indian Supreme Court decides in favour of LGBT persons. Centre on Law & Social Transformation. S. 1-4.

SAGE (2022). Advocacy & Services for LGBT Elders. Von https://sagenyc.org/nyc/  abgerufen

DiGiacomo, R. (2021). The Digital Divide for LGBTQ People Is Real: These Groups Are Trying to Bridge It. Von https://www.delltechnologies.com/en-us/perspectives/the-digital-divide-for-lgbtq-people-is-real-these-groups-are-trying-to-bridge-it/ abgerufen.

 

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