Digitale Alterskluft

Autor*innen: Danijela Birt, Jadranka Brkić-Vejmelka, Ines Cvitković Kalanjoš
Tags:  Digitalisierung, Digitale Kompetenz, Digitale Kluft, Digital Gender Gap, Digital Queer Gap, Digitale Kultur, Digitale Inklusion

Die altersbezogenen Unterschiede in der Nutzung von digitalen Geräten ist weltweit unterschiedlich, sogar innerhalb von Europa. So haben Untersuchungen gezeigt, dass ältere Europäer*innen das Internet weniger häufig nutzen als ihre amerikanischen Altersgenoss*innen. Ebenso besteht ein Unterschied zwischen West- und Nordeuropa im Vergleich zu Ost- und Südeuropa, wobei letztere weniger häufig digitale Dienste nutzen. Ideal wäre es, wenn jedes Land Gesetze und Vorschriften erlassen würde, die die Verbreitung von Informations- und Kommunikationstechnologien begünstigen und den Bürger*innen das Recht auf Informationen zugestehen, egal wo sie sich befinden. Ein sozialer Aspekt bei der Überwindung der digitalen Ungleichheit ist es Aufmerksamkeit für die Notwendigkeit zu schaffen digitale Fähigkeiten im Umgang mit den neuen Technologien erlernen zu müssen sowie vulnerable Gruppen wie ältere Menschen bei der Nutzung der neuen Technologien zu unterstützen. 

Aus diesem Grund wird immer mehr Forschung im Bereich der digitalen Technologien betrieben, um das demografische Bild der Nutzer*innen besser zu verstehen, d. h. es werden Alter, Gender, Wohnort, Bildungsniveau und Einkommen berücksichtigt. Es wird davon ausgegangen, dass all diese Kategorien die digitale Kluft, d. h. die Ungleichheiten, beeinflussen.

Einer der Schlüsselfaktoren, der die digitale Ungleichheit beeinflusst, ist die Frage, ob jemand über die Fähigkeiten verfügt, neue Technologien zu nutzen. Schaarschmidt et al. (2012) konzentrieren sich auf Altersunterschiede und deren Bedeutung für den Erwerb einer bestimmten „digitalen Kultur“ sowie für die damit verbundenen Bildungsaktivitäten der (meist) jüngeren Menschen. Der Autor Van Dijk hebt die wichtigsten Fähigkeiten hervor: operative, formale, informative, kommunikative, kreative und strategische Fähigkeiten, und definiert digitale Ungleichheit als den Unterschied im Besitz der genannten Fähigkeiten. Darüber hinaus erwähnt Dijk in seinem Text mehrere Ebenen der digitalen Ungleichheit: Zugang zu digitalen Technologien, Fähigkeiten zur unabhängigen Nutzung digitaler Technologien (Van Dijk, 2014, S. 140).

Bei dieser Herausforderung spielt nicht nur die Beziehung zwischen den jüngeren und älteren Generationen eine Rolle. Die Reduzierung darauf wäre zu einfach. Die Nutzung digitaler Tools wird von mehreren Faktoren beeinflusst: Gender, sozioökonomisches Umfeld, Bildungsniveau und Wohnort (Land/Stadt). Die Verfügbarkeit von Netzwerken, Verbindungsmöglichkeiten und Computern ist ebenfalls wichtig, so auch die Gestaltung des Umfelds, die Sensibilisierung der Bevölkerung und Anreize, d. h. die Motivation zur Nutzung. Daher sind nicht-formales Lernen und das Weiterbilden von älteren Menschen (durch Kurse und Seminare) gängige Praxis. Ein Beispiel wäre das Angebot kostenloser Computerkurse, die von Vereinen oder anderen Institutionen organisiert werden (die Stadtbibliothek von Zadar ist dafür ein Beispiel).

Viele ältere Menschen, die nicht über die neuesten digitalen Kenntnisse verfügen, laufen Gefahr, den Anschluss zu verlieren. Es gibt einige Beispiele, die vor allem mit der COVID-19 Pandemie zu tun haben: Eine Frau, die kein mobiles Bezahlsystem eingerichtet hatte, wurde im Dienstleistungszentrum mit den digitalen Herausforderungen allein gelassen und wusste nicht wie sie mit dem digitalen Angebot umgehen sollte. In einem anderen Fall wurde ein älterer Mann ohne Telefon aufgefordert, den Bus zu verlassen, nachdem er dem Fahrer seinen Gesundheitscode nicht über, die an allen öffentlichen Orten verwendete App, mitgeteilt hatte. Diese Vorfälle sind ein deutliches Zeichen für die wachsende digitale Kluft zwischen jüngeren und älteren Menschen (Kidron & Yang, 2021). 

Auf Grund der alternden Bevölkerung in vielen Ländern der Welt ist die digitale Kluft ein ausgeprägtes Problem. Angesichts der Entwicklung der steigenden Digitalisierung weltweit ist es weder fair noch wünschenswert zu sagen, dass jemand “zu alt” für Technologie ist oder dass Technologie nur “für die Jungen” ist. Technologieunternehmen in vielen Ländern versuchen ältere Menschen aufzuklären und ihnen in Geschäften zu zeigen, wie sie digitale Zahlungen vornehmen können. Fortschrittliche Technologien werden speziell für diese Zielgruppe angepasst, um ihre Lebensqualität zu verbessern, z. B. die Davos Agenda 2021.

Laut Dimić-Vrkić (2014) ist die kontinuierliche Investition in die Bildung junger Menschen ein wichtiger Aspekt, da sich neue Technologien sehr schnell verändern und ergänzen. Andererseits muss eine größere Solidarität zwischen den Generationen geschaffen werden, um eventuelle Spaltungen zu verringern (Dimić-Vrkić, 2014, S. 421).

Die Generationenkluft bei der Nutzung digitaler Dienste besteht, weil jüngere Generationen mit neuen Technologien aufgewachsen sind und daher offener für die Nutzung von Neuem sind. Es hängt aber auch mit der Bildung und dem kulturellen Kapital einer Person zusammen. Wenn die digitale Ungleichheit verringert wird, dann wird auch die soziale Ungleichheit verringert. (Krištofić, 2007).

Literatur:

Dimić- Vrkić, J. (2014). Problem digitalne podjele. Napredak. S. 419-433.  

Kidron, E. & Yang, V. (2021). How to close the digital gap for the elderly. Abgerufen von https://bigthink.com/the-present/digital-divide-age-gap/

Krištofić, B. (2007). „Digitalna nejednakost“. Sociologija i prostor: časopis za istraživanje prostornoga i sociokulturnog razvoja. 45(2), S. 165-182. 

Schaarschmidt, N.; Dietsch. S. & Köhler, T., (2012): Mind the gap! High School students’ attitudes toward computer-based learning; In: Bogazici University (Hrsg.). Proceedings of the 11th International Conference on Information Technology Based Higher Education and Training ITHET 2012. Istanbul. 

Van Dijk, J. (2014). Digital skills: Unlocking the Information Society. New York: Palgrave 
Macmillan.