Didaktische Übung: Digitale Weltgestaltung

Autor*innen: Christa Markom, Jelena Tošić, Magdalena Steger

Tags: Digitale KluftDigitale AlterskluftDigital Gender GapDigital Queer GapDigitales GeschichtenerzählenCyberethikDigitale Inklusion

Worldmaking, also eine „Welt machen/gestalten“, wird häufig gleichgesetzt mit dem Begriff der „Realität“ sowie deren Gestaltung. Dieser Zugang zu Worldmaking impliziert allerdings, dass es gleichzeitig Welten gibt, die nicht real sind, sondern konstruiert oder erfunden. Gerade wenn man von online Welten spricht, wird häufig der Begriff der virtuellen Welt bzw. nicht- realen Welt verwendet. Dabei kann die offline Welt genauso konstruiert sein, wie die online Welt real sein kann.

Die Grundidee

Pädagog*innen sollen in einem ersten Schritt das Konzept zur digitalen Weltgestaltung lesen. Da dieses Konzept auch mit anderen Konzepten verknüpft ist, können zu einem besseren Verständnis auch die Konzepte zu Digitalisierung, Digital Gender Gap, Digital Queer Gap, Digitale Inklusion und Cyberethik gelesen werden. Danach soll das Video “Worldmaking” auf transca.net (https://www.transca.net/en/Videos) angesehen werden. Im Folgenden finden Sie verschiedene Übungen, die Sie ausprobieren können. Wichtig ist, dass die Lehrkraft die Übungen zuerst allein versucht, bevor sie gemeinsam in der Klasse ausprobiert werden. Ziel ist sich selbstständig zu überlegen, was “digital” mit “Weltgestaltung” zu tun hat. Die Ambivalenz zwischen online und offline soll von den Schüler*innen selbstständig herausgearbeitet werden. 

Probiere es aus

Beispiel 1:

Recherchieren Sie, welche Gruppen es in der digitalen Welt gibt? Wo kann man sie finden? Gibt es die gleichen oder ähnliche Gruppen in der “echten” Welt? Wodurch unterscheiden sie sich?

  • Wie würden Sie Gemeinschaft in der digitalen Welt definieren?
  • Wie würden Sie Gemeinschaft in der “Offline”-Welt definieren?
  • Gibt es Unterschiede oder ist es dasselbe?
  • Gibt es Aspekte, die nur in der digitalen Welt oder nur in der Offline-Welt existieren?

Beispiel 2:

„Second Life“ beschreibt eine Art virtuelles Spiel, in dem man sich ein virtuelles Leben aufbauen kann. Es simuliert eine Welt, in der man die gleichen Dinge tun kann wie in der Offline-Welt. Sie können wählen, welche Charaktere Sie darstellen möchten. Das reicht von Erwachsenen und Kindern bis hin zu Tieren und Fabelwesen. In dieser Welt können Sie verschiedenen Aktivitäten nachgehen, z. B. tanzen, mit anderen einen Kaffee trinken gehen oder eine Modenschau besuchen. Das Ziel von „Second Life“ ist nicht so sehr, ein Computerspiel zu spielen, sondern Kontakte zu knüpfen, Freund*innen zu finden und ein soziales Leben aufzubauen. Viele Teilnehmer*innen machen keinen Unterschied zwischen der Online- und der Offline-Welt. Für sie ist „Second Life“ genauso real wie die Offline-Welt, denn die Menschen essen zusammen und haben sogar Beziehungen, genau wie in der Offline-Welt. Einer der Bewohner*innen dieser Welt beschreibt sie wie folgt: “ It’s the people who live here who make it real.” (Boellstorff, 2015, S. 182)

Einige Fragen zum Nachdenken:

  • Wie wird hier mit den Begriffen “worldmaking” und “digital worldmaking” umgegangen?
  • Denken Sie über das Konzept von Second Life nach. Wäre es für Sie “real”?
  • Was ist die reale Welt für Sie?

Beispiel 3:

Um Menschen mit Autismus zu unterstützen, in der “echten” Welt besser zurechtzukommen, gibt es verschiedene Programme und Therapien. Eine Möglichkeit ist die Nutzung der virtuellen Realität, um die Offline-Welt abzubilden und so die Kommunikation und soziale Interaktion zu fördern. Dazu werden Computerprogramme eingesetzt, die entweder die reale Welt oder eine völlig neue Welt abbilden. In diesen Welten lernen die Menschen, Fähigkeiten zu entwickeln, die sie dann in der “echten” Welt anwenden können.

  • Wie lassen sich in diesem Beispiel digitale Welt und reale Welt unterscheiden?
  • Ist es möglich, sie klar zu trennen?
  • Was sind hier die Bedeutungen der Offline-Welt und der digitalen Welt?
  • Wie beeinflusst dieses Projekt die Vorstellung über die Welt(en)?
  • Welche anderen Konzepte können hier angewendet/gesehen werden?

Beispiel 4:

Lesen Sie sich die folgenden Konzepte durch: Digital Gender Gap auf www.digitclue.net und Othering auf www.transca.net

  • Welche Verbindung lässt sich zwischen den beiden Konzepten herstellen?
  • Welche Verbindung gibt es zum “digital worldmaking”?
  • Würden Sie die genannten Unterscheidungen als harmlos oder schädlich einstufen?

Beispiel 5:

In der digitalen Welt gibt es Normen und Richtlinien, an die sich die Nutzer*innen halten sollten. Gerade im Bereich der Medienethik gibt es viele Bereiche, in denen über das “richtige” Verhalten diskutiert wird. Schauen Sie sich die folgenden Bilder an und überlegen Sie, was die gesellschaftlichen Normen und Erwartungen sein könnten.

Beispiel 6:

Cyberethik trägt auch zum Thema Normen und Erwartungen in der digitalen Welt bei. Lesen Sie sich das Konzept der Cyberethik auf www.digitclue.net durch. Recherchieren Sie anschließend die folgenden Begriffe: PAPA- Modell, Netiquette, Informationssicherheit, Datenschutz, geistiges Eigentum.

  • Wie hängen diese Begriffe mit der Idee der (digitalen) Welt zusammen?
  • Warum sind diese Begriffe im Zusammenhang mit sozialen Normen wichtig?
  • Was ist akzeptables Gruppenverhalten im Kontext der sozialen Medien?
  • Gibt es soziale Normen, die in der Online- und Offline-Welt gleich sind?
  • Gibt es Normen, die nur in einer der beiden Realitäten anwendbar sind?

Beispiel 7:

Jeder hat seine eigene Definition von digitaler Weltgestaltung. Auch Ihre Schüler*innen werden unterschiedliche Vorstellungen davon haben, wie die (digitale) Welt aussieht. Denken Sie über Ihre eigene Definition nach. Schreiben Sie sie auf ein (digitales) Whiteboard. Lassen Sie dann Ihre Schüler*innen ihre eigenen Definitionen aufschreiben.

Austausch mit Kolleg*innen

Nachdem Sie einige der Beispiele mit den Schüler*innen bearbeitet und diskutiert haben, können Sie Ihre Arbeit mit Kolleg*innen auf der ganzen Welt teilen. Zu diesem Zweck können Sie Whiteboards, Notizen, Dokumente und Bilder auf der Digital Inclusion Map auf der Website von DigitClue veröffentlichen. Die D.I. Map ist eine Weltkarte, auf der Benutzer*innen Projekte, Materialien, Ideen und Kommentare zur digitalen Eingliederung in ihrem eigenen Land austauschen können.

Weiterdenken

Sie haben nun über die digitale Weltgestaltung aus Ihrer eigenen Perspektive und aus der Perspektive der Schüler*innen nachgedacht und diskutiert. Sie haben gelernt, dass die Welt für jeden etwas anderes bedeutet. Wir laden Sie dazu ein, über digitale Weltgestaltung aus einer anderen Perspektive nachzudenken.

Stellen Sie sich vor, Sie wären ein Roboter mit künstlicher Intelligenz. Wie würde diese Kreatur die Welt beschreiben? Wie kann man sich die Realität des Roboters vorstellen? Muss sie immer digital sein oder kann ein Roboter auch in der “echten” Welt leben?